Zielgenaue und notwendige Förderung

Bild: Die Mitglieder des Initiativkomitees HalbeHalbe: Martina Haas, Remo Looser, Walter Kranz, Corina Vogt-Beck, Jnes Rampone-Wanger, Roland Marxer (v.l.)

Leserbrief des Initiativkomitees HalbeHalbe

Die Initiative HalbeHalbe bezweckt die Förderung einer ausgewogenen Vertretung der Geschlechter und somit, dass Mann und Frau bei Entscheidungen, die unser Land betreffen, gleichermassen mitwirken können. Der Verfassungszusatz ist in Art. 31 LV richtig verortet, da die politische Gleichstellung inhaltlich sehr eng mit dem Gleichheitssatz verbunden ist. Auch andere Bereiche der staatlichen Förderung bzw. Unterstützung wurden schon vor vielen Jahren in der Verfassung verankert: So unterstützt und fördert der Staat das Unterrichts- und Bildungswesen (Art. 17 LV), er sorgt für das öffentliche Gesundheitswesen (Art. 18 LV) oder er schützt das Recht auf Arbeit und die Arbeitskraft (Art. 19). In allen diesen Fällen war und ist die Umsetzung dieser allgemeinen Bestimmungen dem Gesetzgeber überlassen.

Für uns unverständlich sind Spekulationen, dass allenfalls Gerichte aufgrund des Verfassungszusatzes politische Entscheidungsprozesse übergehen und von sich aus entscheiden könnten, so etwa auch zur Einführung einer Geschlechterquote oder anderer Massnahmen. Der Staatsgerichtshof wird gemäss Staatsgerichtshofgesetz (Ar. 15) im Bereich des Schutzes verfassungsmässig gewährleisteter Rechte bei Vorliegen einer „Individualbeschwerde“ tätig. Damit eine solche Individualbeschwerde überhaupt zustande kommen kann, müssen zwei wichtige Voraussetzungen erfüllt sein: Entweder der Beschwerdeführer behauptet, durch eine enderledigte letztinstanzliche Entscheidung bzw. Verfügung der öffentlichen Gewalt in einem seiner verfassungsmässig gewährleisteten Rechte oder in einem seiner durch internationale Übereinkommen garantierten Rechte, für die der Gesetzgeber ein Individualbeschwerderecht ausdrücklich anerkannt hat, verletzt zu sein, oder der Beschwerdeführer behauptet, durch liechtensteinisches Recht und durch von Liechtenstein genehmigte Staatsverträge in einem der ihm  garantierten Rechte unmittelbar verletzt zu sein, ohne dass dazu bereits eine Entscheidung oder Verfügung ergangen wäre.

Dies klingt jetzt sehr juristisch, es ist aber eindeutig: Eine Individualbeschwerde ist nur zulässig, wenn sie diesen Bestimmungen des Staatsgerichtshofgesetzes entspricht, und das bedeutet konkret, dass die politisch Zuständigen (Regierung, Landtag) zuerst Entscheidungen treffen bzw. Gesetze beschliessen müssten, die gegen Bestimmungen der Verfassung oder der Übereinkommen, denen Liechtenstein beigetreten ist (dazu gehört das „Übereinkommen gegen die Diskriminierung der Frau“, CEDAW), verletzen.

Den vorgeschlagenen Verfassungszusatz halten wir für ausreichend bestimmt; er lässt dem Gesetzgeber aber jenen Spielraum, den er braucht, um angemessene Förderungsmassnahmen zu beschliessen. Der Wählerwille kann durch die Initiative nicht eingeschränkt werden.

Auch deshalb: Ja zu HalbeHalbe!

Das Initiativkomitee HalbeHalbe:
Martina Haas, Walter Kranz, Remo Looser, Roland Marxer, Jnes Rampone-Wanger, Corina Vogt-Beck