«Bildung ist eine Investition in die Zukunft»

Bildungsministerin Dominique Hasler anlässlich ihres Besuches im Ausbildungszentrum für Schreiner in Schaan im Rahmen der BerufsCHECK-Woche. Foto: Daniel Ospelt

Gemäss Bildungsstatistik 2018 besuchten in Liechtenstein 4729 Kinder und Jugendliche eine öffentliche oder private Schule vom Kindergarten bis in die Sekundarstufe II. Sie wurden von insgesamt 744 Personen unterrichtet. Aber auch nach der obligatorischen Schulzeit hat der Bildungsstandort viel zu bieten. 

Die Schulbildung in Liechtenstein reicht vom Kindergarten oder – je nach Gemeinde – den Basisstufen über die Primarschule und die weiterführenden Schulen der Sekundarstufe I bis hin zur gymnasialen Bildung der Sekundarstufe II. Zudem ist der Staat Träger der Universität Liechtenstein, der Liechtensteinischen Musikschule, der Stiftung Kunstschule Liechtenstein, der Stiftung Erwachsenenbildung Liechtenstein und der Agentur für Internationale Bildungsangelegenheiten und hat Leistungsvereinbarungen mit verschiedenen Bildungsinstitutionen wie beispielweise der Heilpädagogischen Tagesschule und dem Liechtenstein-Institut. «Zusätzlich zu einem starken und qualitativ hochwertigen öffentlichen Schulwesen stellen die privaten Schulen und Universitäten ohne Zweifel eine Bereicherung für das Bildungssystem dar», sagt Bildungsministerin Dominique Hasler.

Anschlussfähigkeit sehr bedeutsam
Die Kinder und Jugendlichen sollen in Liechtenstein auch in Zukunft beste Rahmenbedingungen vorfinden. «Die Qualität einer Schule misst sich an verschiedenen Faktoren. Die Resultate der externen Schulevaluationen, welche seit vielen Jahren stattfinden und in welchen immer sowohl Eltern-, Schüler-, Lehrer- sowie Behördensicht zusammenfliessen, sind sehr positiv. Auch die Ergebnisse der jährlichen, standardisierten Leistungsprüfungen zeigen ein wirklich gutes Bild. Sehr bedeutsam für uns ist natürlich auch die Anschlussfähigkeit, sei dies an die berufsbildenden Schulen in der Schweiz oder die Hochschulen im In- und Ausland. Eine enge Zusammenarbeit mit unseren Nachbarn ist deshalb im Bildungsbereich sehr wichtig», sagt Regierungsrätin Hasler.

Gute Rahmenbedingungen grosses Anliegen
Damit die Qualität des Bildungsstandorts Liechtenstein weiterhin hoch bleibt, sind Investitionen in die Bildung unerlässlich. «Der Landtag hat im Frühjahr 2018 der Schulbautenstrategie mit grosser Mehrheit zugestimmt, und im Herbst 2018 hat der Landtag im Zuge der Behandlung des Landesvoranschlags 2019 die notwendigen Budgets zur Ausstattung der öffentlichen Schulen mit der notwendigen Informations- und Kommunikationstechnologie sowie für Lehrerweiterbildungen genehmigt. Mir ist es ein grosses Anliegen, dass unsere Schülerinnen und Schüler sowie Lehrpersonen auch in Zukunft gute Rahmenbedingungen haben, um das Lernen und Lehren in einem optimalen Umfeld gestalten zu können», führt die Bildungsministerin aus.

Duale Bildung als Erfolgsrezept
Ein von Politik, Wirtschaft und Pädagogen immer wieder hervorgehobener Standortvorteil Liechtensteins ist die duale Berufsbildung, bestehend aus Berufsschule und praktischer Lehrausbildung. «Lehrlinge haben heute ein breites Portfolio, um sich weiterzubilden, wie beispielsweise Berufsprüfungen und Höhere Fachprüfungen. Auch hier gibt es erfreuliche Entwicklungen. Die Regierung hat entschieden, den Subventionsbeitrag für Vorbereitungskurse zu Berufsprüfungen und Höheren Fachprüfungen zu erhöhen», sagt Dominique Hasler.

Eine weitere wichtige Ausbildungsmöglichkeit in Liechtenstein sei die Berufsmittelschule
(BMS). «Im Unterschied zur Schweizer BMS eröffnet die Liechtensteiner Berufsmaturität nicht nur den Zugang zu Schweizer Fachhochschulstudiengängen und, nach einer Zusatzausbildung, zu Pädagogischen Hochschulen, sondern zusätzlich zu allen Universitäten in Liechtenstein und Österreich. Damit ist die Liechtensteiner BMS de facto eine Zweitwegmatura, und sie bildet ein zentrales Erfolgselement des Berufsbildungssystems.»

Neu auch an den WorldSkills Europe
Erwähnenswert im Bereich der dualen Berufsbildung sind auch die alle zwei Jahre stattfindenden Berufsweltmeisterschaften, die sogenannten «WorldSkills». In diesem Jahr finden sie vom 22. bis 27. August im russischen Kazan statt. Während der intensiven, neunmonatigen Vorbereitung erfahren die Teilnehmenden nicht nur eine fachliche Vertiefung in ihrem Berufsfeld, sondern absolvieren auch ein auf die Berufsweltmeisterschaften abgestimmtes Medien-, Mental- und interkulturelles Trainingsprogramm. «Da die Regierung bei WorldSkills Europe einen Antrag auf Mitgliedschaft gestellt hat, können ab dem Jahr 2020 Teilnehmende aus Liechtenstein neu auch an den EuroSkills teilnehmen. Diese finden vom 16. bis 20. September 2020 in Graz statt. Die Berufsmeisterschaften sind eine einmalige Gelegenheit für eine berufsorientierte Vertiefung», sagt Regierungsrätin Hasler. «Liechtenstein und die WorldSkills sind eine Erfolgsgeschichte. 2018 feierte unser Land das 50-Jahr-Jubiläum von Worldskills Liechtenstein. 50 Jahre, in denen unsere Teilnehmenden exakt 50 Medaillen gewonnen haben: 17-mal Gold, 13-mal Silber und 20-mal Bronze.»

Ein weiteres spannendes Angebot stelle das «Erasmus+»-Praktikum dar. Für Lehrabsolventen steht bis zu einem Jahr nach dem Lehrabschluss die Möglichkeit offen, ein mehrmonatiges Praktikum in Europa zu absolvieren. «Die Kombination aus Arbeiten im erlernten Beruf, dem Erlernen von Sprachen und dem Ausbau interkultureller Kompetenzen macht ein «Erasmus+»-Praktikum einzigartig und beliebt, auch bei den Arbeitgebern», betont die Bildungsministerin. «Sowohl die WorldSkills als auch die europäischen Bildungsprogramme fördern die Kompetenzen der jungen Berufsleute, geben ihnen neue Perspektiven und fordern die Teilnehmenden heraus. Der auf Export ausgerichtete Werkplatz Liechtenstein braucht bestens ausgebildete junge Personen, die Verantwortung übernehmen wollen und die einen grossen internationalen Erfahrungsschatz mitbringen.» 

Bildung innovativ angehen
«Ich bin davon überzeugt, dass wir insgesamt und über alle Schulstufen über ein sehr gut funktionierendes und durchlässiges Bildungssystem verfügen. Dank diesem haben wir auch eine sehr tiefe Jugendarbeitslosigkeit. Liechtenstein steht im europäischen Vergleich mit einer Quote von 1,9 Prozent sehr gut da. Die Bildung wird sich dennoch an den laufenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen orientieren und weiterentwickeln müssen», so Bildungsministerin Hasler. «Bildung ist eine Investition in die Zukunft. Alle unsere aktuellen grossen Vorhaben sind langfristig angelegt. Mir scheint es gerade für die Bildung wichtig, diese immer wieder innovativ anzugehen, dabei aber das Bewährte genauso in die Überlegungen mit einzubeziehen.»

Erfolgversprechende Bildungswege 

Liechtensteins Bildungssystem bietet seinen Schülern viel – auch neben Matura und Universitätsstudium stehen den Jugendlichen zahlreiche Erfolg versprechende Wege offen. Damit dies so bleibt, gehen die Schulen mit der Zeit.

Frau Bildungsministerin, es klingt zwar abgedroschen, aber Politiker betonen immer wieder, dass Bildung die einzige Ressource Liechtensteins ist. Wie beurteilen Sie diese Aussage?
Dominique Hasler:
Die Aussage kommt nicht von ungefähr, wenn man sich die Entwicklungen in der liechtensteinischen Gesellschaft und der Wirtschaft vor Augen führt. Bildung hat in Liechtenstein einen hohen Stellenwert, der mit Blick auf die Herausforderungen sicher noch zunehmen wird. Besonders betonen möchte ich aber, dass mir eine ökonomische Betrachtung zu kurz greift. Bildung ist viel mehr. Sie ist die Grundlage für eine funktionierende Gesellschaft. 

Häufig ins Feld geführt wird der Wert der dualen Berufsbildung. Wie schätzen Sie diesen Stellenwert ein in einer Zeit, in der es so scheint, als strebe jeder nach Matura und Hochschulbildung?
In Liechtenstein verfügen wir über ein Bildungssystem mit einer Vielzahl von Möglichkeiten, bei welchen vor allem die Durchlässigkeit im Vordergrund steht. Dadurch befinden sich die Berufslehre und der gymnasiale Weg nicht im Wettbewerb zueinander, sondern sind als gleichwertig anzusehen. Beide Wege führen schliesslich zum Einstieg in die Berufswelt. Dabei geniesst die duale Berufsbildung vor allem in den deutschsprachigen Ländern einen hohen Stellenwert, da dieser Bildungsweg ja gerade dort seit vielen Jahrzehnten bekannt ist und sehr erfolgreich umgesetzt wird. In vielen europäischen Ländern laufen derzeit grosse Anstrengungen, das Modell der Berufslehre zu etablieren, und dies zeigt die besondere Bedeutung, welche diesem Bildungszweig beizumessen ist, auf eindrucksvolle Art und Weise auf. Das Verhältnis zwischen den Abschlüssen im Bereich der Berufslehre und der gymnasialen Maturität in Liechtenstein liegt bei rund 70 zu 30. Im Jahr 2017 lag die Maturitätsquote bei 44,2 Prozent, wobei darin 10,8 Prozent Berufsmatura und 2,4 Prozent Fachmatura enthalten sind. Gerade diese Zahlen verdeutlichen, dass in Liechtenstein beide Wege, die berufliche Grundbildung und die gymnasiale Bildung, gleichermassen anerkannt sind und eine hohe Akzeptanz geniessen.

Oft ist von einem Fachkräftemangel die Rede. Ist dem wirklich so, und wie haben sich die Lehrlingszahlen in den vergangenen Jahren entwickelt?
Die heimische Wirtschaft bietet jährlich zwischen 350 bis 400 Ausbildungsplätze an. Auf der anderen Seite schliessen in Liechtenstein jährlich zwischen 300 und 350 Schulabgänger die Sekundarschule ab. Davon entscheiden sich konstant zwei Drittel, also rund 200 bis 230, für eine Berufslehre. Somit muss unsere Wirtschaft, auch aufgrund der Geburtenrate, bereits seit Jahren regional rekrutieren, um ihre Nachfrage an Lehrlingen decken zu können. Das bedeutet, dass die Liechtensteiner Wirtschaft diesbezüglich in einem Wettbewerb steht und mit möglichst optimalen Rahmenbedingungen um ihren Berufsnachwuchs werben muss. 

Bildung als Grundlage für eine funktionierende Gesellschaft

Dominique Hasler
Bildungsministerin

Der neue Liechtensteiner Lehrplan stellt die Kompetenzen der Schüler in den Mittelpunkt. Inwiefern ist dies ein Gebot der Zeit, und worin liegt der Unterschied zu früher?
Der bestehende Lehrplan aus dem Jahr 1999 entspricht nicht mehr den aktuellen Anforderungen. Der neue Lehrplan mit dem Namen «LiLe» ist Abbild einer zeitgemässen Bildung und schafft die Grundlage für einen zukunftsorientierten Unterricht. Politische, gesellschaftliche, wirtschaftliche und technische Veränderungen werden darin aufgegriffen und mit den aktuellen Erkenntnissen aus der Lernforschung verknüpft. Der Lehrplan stellt neu Kompetenzen ins Zentrum. Es geht darum, was die Schülerinnen und Schüler am Ende von Unterrichtszyklen wissen und können sollten, aber auch um die Bereitschaft zur Anwendung.

Eine dieser Kompetenzen ist sicher der Umgang mit digitalen Medien und Endgeräten. Eine zu starke Fokussierung darauf wurde gerade in jüngster Zeit immer wieder infrage gestellt. Wie stehen Sie zum Einsatz von Tablet, Notebook und Co. im Unterricht?
Die digitale Durchdringung des Alltags erfordert Kompetenzen in der Anwendung von digitalen Medien sowie einen bewussten Umgang damit, was im neuen Fach «Medien und Informatik» sowie fächerübergreifend vermittelt wird. Mit der Vermittlung von Wissen und Kompetenzen legt der LiLe die Grundlage für eine erfolgreiche Ausbildungs- und Berufsphase. Die Schule mit ihrem verantwortungsvollen Bildungsauftrag kann sich dem Thema daher nicht verschliessen. In Zukunft müssen die Schülerinnen und Schüler mit einem Kompetenzrucksack in diesem Bereich in die Berufswelt und weiterführenden Ausbildungen gehen. Wir müssen diesbezüglich auch darauf achten, dass unsere Jugendlichen weiterhin mühelos in die Schweizer Berufsschulen übertreten können. Der neue Lehrplan wurde daher auch auf Basis des Schweizer Lehrplans 21 erarbeitet. Mit dem Bereich «Medien und Informatik» im Lehrplan haben die Schulen den Auftrag, die Schüler kompetent im Umgang mit neuen Medien zu machen sowie ihnen die Chancen und Gefahren, Anwendungskompetenzen und das notwendige Informatikwissen zu vermitteln. Der Einsatz von Tablets oder Businessnotebooks als Arbeits- und Lernmittel unterstützt Lehrpersonen dabei, die Ziele des Lehrplans zu erreichen. Es ist mir als Bildungsministerin wichtig, dass die digitalen Medien in den Schulen als ergänzendes Arbeitsmittel nur dort eingesetzt werden, wo sie gewinnbringend für das Lernen sind. Denn der Raum für analoge Lernmethoden und die Förderung der musischen, sportlichen sowie kreativen Fähigkeiten muss weiterhin zentraler Bestandteil eines ausgewogenen Lernens sein.

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