LANV: Die aktuellen Konkurse haben Schwachstellen aufgedeckt

"Weder die Masseverwalter noch das AMS kennen die besten Lösungen und/oder wollen zu dieser oder jener Lösung raten.": Sigi Langenbahn, Präsident des Liechtensteiner Arbeitnehmerverbandes (LANV) zu den aktuellen Konkursen im Lande. 

 

 

Mitteilung des LANV-Präsidenten Sigi
Langenbahn im Wortlaut

 

«Seit April dieses Jahres überschlagen sich die Zeitungsberichte über die Zukunft der Esquire Bar und der Medicnova AG. Letztlich endeten der Betrugsskandal um den Treuhänder Mario Staggl und Fehlkalkulationen um die Privatklinik in Konkursen, worauf die Angestellten der Treuhandgesellschaft New Haven, der Esquire Bar und der Medicnova von heute auf morgen auf der Strasse standen.»

Mit der Eröffnung des Konkursverfahrens wurden Masseverwalter bestellt, deren Aufgabe es ist, den Konkurs abzuwickeln und die Gläubiger zu bedienen. Masseverwalter treten als Arbeitgeber auf, doch nicht jeder sieht sich gegenüber den Angestellten in der gleichen Verantwortung. Einige fühlen sich in erster Linie den Gläubigern verpflichtet, obwohl die Angestellten Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis haben, die in jedem Fall zuoberst auf der Gläubigerliste gehören.

Was bei allen drei Fällen ans Tageslicht trat: niemand kennt die genauen Wege, um den Schaden für die Angestellten so gering wie möglich zu halten. Das AMS gibt keine Empfehlungen ab, um später nicht für die Auskünfte haftbar gemacht zu werden. Masseverwalter wollen gerne mit allen gleich verfahren, um den Aufwand so gering wie möglich zu halten. Sind Grenzgängerinnen und Grenzgänger betroffen, verkompliziert sich das Verfahren um ein Vielfaches, ohne dass die Konsequenzen wirklich klar sind, weil unterschiedliche Rechtsmeinungen bestehen. Im Fall Medicnova sind 47 Angestellte betroffen wovon ein Grossteil Grenzgängerinnen aus Vorarlberg und einige aus der Schweiz sind.

Forderungen der Angestellten werden früher oder später getilgt durch die Konkursmasse, den Insolvenzfonds und das Taggeld der Arbeitslosenversicherung (ALV). Es hängt aber von der Kündigungsform ab, welcher Topf wie schnell zur Anwendung kommt und welcher möglicherweise für immer verschlossen bleibt (fristlose Kündigung durch die Arbeitnehmerin, Auflösung des Arbeitsverhältnisses im gegenseitigen Einvernehmen, ordentliche Kündigung durch den Masseverwalter etc.).

Erhält man mit einer Kündigungsform Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung in Liechtenstein, werden einem in Österreich Einstelltage bis zur gesetzlichen Kündigungsdauer aufgebrummt und umgekehrt. Für die Zeit zwischen Konkurseröffnung und Kündigungsschreiben besteht bei fehlender Konkursmasse überhaupt kein Anspruch. Vieles hängt vom fristgerechten Einreichen der Lohnforderungen, des Antrags auf Insolvenzentschädigung u.v.m. ab.

Weder die Masseverwalter noch das AMS kennen die besten Lösungen und/oder wollen zu dieser oder jener Lösung raten. In einem der genannten Fälle führte die falsche Beratung durch den Masseverwalter zu enormen Einbussen für die Angestellten.

Im Fall Medicnova klappt nach einigen Anfangsschwierigkeiten der Austausch zwischen dem AMS, dem Masseverwalter und dem LANV immer besser. Die vergangenen Konkurse haben aber viele Schwachstellen und Rechtsunsicherheiten aufgedeckt, die es zu beheben gilt. Eine amtliche Insolvenzberatungsstelle für Angestellte fehlt gänzlich, womit vieles vom Goodwill des Masseverwalters, der Kulanz des AMS und den Kapazitäten des LANV abhängt.

Mit der Medicnova haben wir unsere Kapazitätsgrenzen überschritten. Trotzdem haben wir uns zum Ziel gesetzt, die Konkurse aufzuarbeiten, aus den Erfahrungen zu lernen und Schwachstellen zu beheben. Für die Betroffenen müssen die Wege vereinfacht und mehr Rechtssicherheit geschaffen werden. Das Pochen auf Eigenverantwortung ist komplett fehl am Platz, zumal mit jedem Konkurs individuelle Schicksalsschläge verbunden sind. Infolge der enormen psychischen Belastungen kann die eine oder andere Deadline versäumt werden, weshalb wir von Amtsseiten um Verständnis und Kulanz ersuchen.»