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Aussenpolitik muss eine Brücke zur Innenpolitik bilden

Aussenministerin Dominique Hasler sagte der Republik Moldau weitere Hilfe zu.

«Als ehemalige Innenministerin weiss ich um die Herausforderung, die immer komplexer werdenden internationalen Auflagen in einem Kleinstaat umzusetzen. Dass Aussenpolitik immer auch eine Brücke zur Innenpolitik bilden muss, ist mir deshalb wichtig», sagt Aussenministerin Dominique Hasler in Bezug auf die Aussenpolitik. Zudem ist es ihr ein Anliegen, dass alle Einwohner Zugang zu Bildungsangeboten haben und sich sportlich betätigen können. 

Frau Regierungsrätin, die Olympischen Sommerspiele in Tokio gehen morgen zu Ende. Liechtenstein war mit fünf Athleten vertreten. Wie beurteilen Sie als Sportministerin den Stellenwert, die Rolle und Bedeutung des Spitzensports in und für Liechtenstein?
Regierungsrätin Dominique Hasler:
Liechtenstein war an den Olympischen Spielen in Tokio mit der grössten Delegation seit 28 Jahren und zum ersten Mal in einer Teamsportart vertreten. Allein das ist ein grosser Erfolg. Von ihrer Symbolik her sind die Olympischen Spiele als Sportanlass etwas ganz Besonderes. Unsere Spitzensportlerinnen und Spitzensportler haben mit ihrer Teilnahme an den Olympischen Spielen eine bedeutsame Botschafterrolle für unser Land eingenommen und dieses mit sehr guten Resultaten würdig vertreten. Dafür bin ich unseren Olympioniken und den Betreuern sehr dankbar. Trotz der grossen Distanz von 9552 Kilometern war ich in Gedanken bei unseren Athleten in Tokio und habe bei den Wettkämpfen mitgefiebert.

Sie sind nun seit 135 Tagen im Amt. Welchen Einblick konnten Sie in dieser Zeit in den Breitensport gewinnen und wie könnte der Liechtensteiner Sport in Spitze wie Breite künftig noch besser gefördert werden?
Es ist für eine Gesellschaft sehr wichtig, dass sie die Möglichkeit hat, sich sportlich zu betätigen. Das Angebot im Breitensport ist in Liechtenstein breit gefächert und viele Breitensportarten sind im Land stark verwurzelt. Daran haben die Sportvereine und -verbände einen grossen Anteil. Dabei wird ein Grossteil der anfallenden Arbeiten von den Mitgliedern ehrenamtlich geleistet. Dieser ehrenamtliche Einsatz im Sinne des Sports und des Miteinanders kann kaum genug gewürdigt werden. In diesem Jahr wird das Sportmonitoring nach 2015 zum zweiten Mal durchgeführt. Dafür wurden 4000 zufällig ausgewählte Personen angeschrieben und darum gebeten, an einer Umfrage zu den sportlichen Aktivitäten und Interessen der liechtensteinischen Bevölkerung teilzunehmen. Wir erwarten mit Spannung die Ergebnisse, die gerade auch im Vergleich mit 2015 eine wichtige Grundlage für die strategische Weiterentwicklung des Sportangebotes für die breite Bevölkerung bilden werden.

Im Spitzensportbereich gilt es, unseren Athleten diejenigen Rahmenbedingungen zu bieten, die für die Erbringung von Höchstleistungen notwendig sind. Dazu zählt einerseits die Bereitstellung von Infrastrukturen, die optimale Trainingsvoraussetzungen für unsere Athleten bieten und andererseits müssen wir darum besorgt sein, dass das Verfolgen einer Spitzensportkarriere für unsere Talente attraktiv ist und diese entsprechend abgesichert sind.

Botschafter hat Liechtenstein nicht nur im sportlichen Bereich. Als Aussenministerin nehmen Sie seit Ende März selbst eine noch zentralere Rolle in der Vertretung des Landes nach aussen ein. Wie haben Sie sich in diesen neuen Aufgabenbereich eingearbeitet und welches sind die Herausforderungen, denen Liechtenstein kurz- und mittelfristig begegnet?
Eine Herausforderung, die heute alle Staaten haben, ist das veränderte geopolitische Umfeld. Die Welt ist instabiler geworden, und die Spannungen zwischen den Grossmächten nehmen zu. Die Auswirkungen dieser Entwicklung – dazu zählen zum Beispiel Handelskonflikte – treffen letztlich alle Staaten. Liechtenstein kann keine Machtpolitik betreiben, sondern hat vielmehr Interesse daran, dass für alle die gleichen Regeln gelten und dass diese konsequent eingehalten werden. Und für diesen Grundsatz setzen wir uns auch ein, beispielsweise im Rahmen der UNO und auch in anderen internationalen Organisationen. 

Als weitere globale Herausforderung sehe ich derzeit die Situation vieler Menschen in Entwicklungsländern, welche durch die Corona-Krise zusätzlich verschärft wurde. Die Entwicklung vieler Länder wird durch die Krise stark gebremst oder gar um Jahre zurückgeworfen. Umso wichtiger ist es meiner Meinung auch, dass sich Liechtenstein im Rahmen der Internationalen Humanitären Zusammenarbeit und Entwicklung, kurz IHZE, weiterhin solidarisch zeigt. Dass der Landtag im September 2020 als Reaktion auf eine Petition aus der Zivilgesellschaft einen Nachtragskredit in der Höhe von einer Million Franken für die Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe im Ausland gesprochen hat, zeigt, dass die liechtensteinische Gesellschaft bereit ist, zu helfen.

Die Zusammenarbeit in der Regierung nehme ich als kollegial, der Sache verpflichtet und konstruktiv wahr. 

Dominique Hasler, Regierungsrätin

Wie möchten Sie diesen Herausforderungen begegnen und sie bewältigen?
Die liechtensteinische Aussenpolitik ist grundsätzlich sehr gut aufgestellt. Meine bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass wir auf internationaler Ebene ein respektierter Partner sind. Mit verschiedenen Initiativen zeigen wir immer wieder auf, dass auch kleine Staaten einen wertvollen Beitrag leisten können. Als ehemalige Innenministerin weiss ich um die Herausforderung, die immer komplexer werdenden internationalen Auflagen in einem Kleinstaat umzusetzen. Der Fokus darauf, dass Aussenpolitik immer auch eine Brücke zur Innenpolitik bilden muss, ist mir deshalb wichtig. 

Im Vorfeld der Landtagswahlen hat sich die VU für eine grössenverträgliche Aussenpolitik mit einem Schwerpunkt auf die regionale Zusammenarbeit mit den Nachbarn eingesetzt. Was bedeutet dieser Fokus für Ihre Arbeit als Aussenministerin?
Im Sinne dieses Schwerpunktes erfolgten meine ersten Arbeitsgespräche mit unseren direkten Nachbarn. Ich habe die weitere Stärkung der bilateralen Beziehungen, aber auch die Zusammenarbeit mit unseren Nachbarstaaten auf der internationalen Ebene, ins Zentrum der Dialoge gestellt. Im Aussenministerium war das klare Ziel, sich rasch in der geforderten Tiefe in die Dossiers einzuarbeiten. Dabei ist mir ein klarer Fokus auf Partner und Themen, die für unser Land zentral sind, besonders wichtig. 

Nicht neu war Ihnen das Bildungsministerium, das Sie auch in der Legislaturperiode 2017–2021 leiten. Dort haben Sie in den vier vorangegangenen Jahren vieles in die Wege geleitet und erreicht. Stichworte sind der neue Lehrplan «LiLe», die Ausstattung der Schüler mit mobilen Endgeräten im Rahmen der ICT-Strategie sowie die Bildungsstrategie 2025+. Salopp gefragt: Gibt es überhaupt noch etwas zu tun in den kommenden Jahren?
Projekte zu initiieren ist das eine. Über einen längeren Zeitraum allerdings an den Themen dranzubleiben und sie nach einem erfolgreichen Start auch weiterzuentwickeln, ist das andere. In der vielfältigen Bildungslandschaft Liechtensteins gibt es immer etwas zu tun. Die Weiterentwicklung des digitalen Wandels unter Betrachtung aller Aspekte wird auch in dieser Legislatur ein Schwerpunkt bleiben. Darüber hinaus werden die Umsetzung des LiLe, der ICT-Strategie und der Bildungsstrategie 2025+ Schwerpunkte bilden. Entsprechend gibt es durchaus noch einiges zu tun, damit die hohe Qualität des liechtensteinischen Bildungssystems für die Zukunft erhalten und ausgebaut werden kann.

Die Bildungsstrategie haben Sie noch im März zum Ende der Legislaturperiode präsentiert. Naturgemäss konnte sie in dieser Zeit noch keine grosse Wirkung entfalten. Was erhoffen Sie sich aber für die Zukunft von der Strategie und welche Rückmeldungen haben Sie bisher erhalten?
Die Bildungsstrategie 2025+ wurde sehr gut aufgenommen und die Rückmeldungen sind sehr positiv ausgefallen. Ich erhoffe mir, dass die Bildungsstrategie 2025+ dazu beiträgt, die hohe Qualität und gute Wettbewerbsfähigkeit unseres Bildungssystems zu erhalten und auszubauen. Die Strategie ist dabei ein Instrument, um Liechtenstein und seine Einwohner optimal auf die zukünftigen Herausforderungen vorzubereiten. Hierzu ist es essenziell, dass optimale Rahmenbedingungen zur Unterstützung des lebenslangen und alle Bereiche des Lebens umfassenden Lernens für alle geschaffen werden. Auf Basis einer regelmässigen Evaluation von Effizienz, Effektivität und Chancengleichheit soll das Bildungssystem stetig weiterentwickelt und optimiert werden. Durch die Transparenz und Durchlässigkeit des Bildungssystems soll allen Einwohnerinnen und Einwohnern der Zugang zu den Bildungsangeboten ermöglicht werden.

Wie lautet ganz allgemein Ihr Fazit für die ersten viereinhalb Monate der Arbeit der neuen Koalitionsregierung und was erhoffen Sie sich von der weiteren Zusammenarbeit?
Wir sind trotz vielfältiger Herausforderungen gut in die neue Legislatur gestartet. Die Zusammenarbeit in der Regierung nehme ich als kollegial, der Sache verpflichtet und konstruktiv wahr. 

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