Richard Quaderer: „Wir wollen Neuland erschliessen“

Foto: Thomas Gischkat, Projektleiter optische Beschichtungen (l.), und Richard Quaderer, Geschäftsführer von RhySearch, bei einer Besprechung. Bild: zvg

 

Elf Millionen Schweizerfranken für Weiterausbau der regionalen KMU-Industrie zur Verfügung gestellt

 

Das Forschungs- und Innovationszentrum Rheintal (RhySearch) in Buchs wird in den kommenden Jahren zu einer zentralen Anlaufstelle für die regionale KMU-Industrie ausgebaut. Geschäftsführer Richard Quaderer erklärt, wie die Hightech-Industrie von den Investitionen profitieren wird. Interview: Patrick Stahl

Frage: Herr Quaderer, die Träger des Forschungs- und Innovationszentrums Rheintal (RhySearch) haben Beiträge von insgesamt elf Millionen Franken bewilligt, um die Anlaufstelle für die regionale KMU-Industrie weiter auszubauen. Wie sehr hat Sie die Zustimmung überrascht?

Richard Quaderer: Überrascht ist das falsche Wort. Es hat mich sehr gefreut, dass die Notwendigkeit zum weiteren Ausbau von RhySearch im St. Galler Kantonsparlament und im Landtag des Fürstentums Liechtenstein unbestritten war. Die Parlamentarier haben die Bedeutung eines regional verankerten Zentrums für praxisnahe Forschung erkannt und deshalb die Finanzbeiträge einhellig genehmigt. Wir freuen uns sehr über dieses Vertrauen und werden alles daran setzen, dass wir die hohen Erwartungen an RhySearch erfüllen werden.

Warum drängt sich ein weiterer Ausbau von RhySearch überhaupt auf?

Die Unternehmen sind konstant gefordert, durch Qualität und Einzigartigkeit der Produkte und der Verfahren international wettbewerbsfähig zu bleiben. Wir wollen die Firmen dabei unterstützen, die Entwicklungszeiten für neue Produkte deutlich zu verkürzen und Innovationen zu entwickeln. Unser Augenmerk legen wir vorerst auf die definierten Forschungsschwerpunkte Optische Beschichtung und Präzisionsfertigung. Die geplanten Investitionen fliessen in diese beiden zukunftsträchtigen Bereiche, um die Unternehmen noch innovationsfähiger zu machen. Zudem können bei uns junge Ingenieure an Projekten mitarbeiten und auch Doktorarbeiten erstellen. Dies soll ein Beitrag sein, hochqualifizierte Spezialisten für die Industrie auszubilden.

Sie wollen mit dem Geld die Forschung in den Bereichen Optische Beschichtung und Präzisionsfertigung ausbauen. Was ist in letzterem Bereich geplant?

Wir wollen gemeinsam mit unseren Partnern wie der Hochschule für Technik Buchs NTB, Universität Liechtenstein und Inspire AG eine Modellfertigung aufbauen, um Aspekte der Industrie 4.0 in der Präzisionsleistung einzuführen. Die Werkstatt4 wird sich technisch auf die Hoch- bis Ultrapräzisionsfertigung konzentrieren. Dafür ist eine temperaturkontrollierte Umgebung nötig. Unsere Vision ist, dass die Werkstatt4 als Modell für eine moderne Fertigungsorganisation mit vernetzten Maschinen, digital identifizierten Werkstücken und intelligenter Steuerung dient. In der Werkstatt4 können neue Werkstück-Kennzeichnungen, neue Hard- und Software-Schnittstellen sowie neue Abläufe getestet werden. Die Modellfertigung soll den Unternehmen relevante Impulse liefern. Neben der Bearbeitung von technischen Fragestellungen soll dies mittelfristig auch eine Plattform zur Entwicklung alternativer Geschäftsmodelle werden.

Und was planen Sie im Bereich der Optischen Beschichtung?

Gestartet ist dieser Bereich mit der Analyse von optischen Beschichtungen. Die Analytik-Kompetenz soll weiter ausgebaut werden. Zudem können wir jetzt neu selber Beschichtungen durchführen. Seit Mitte Jahr steht eine erste Beschichtungsanlage im Einsatz, mit der auch äusserst komplexe Schichtsysteme realisierbar sind. Diese Methode soll durch eine komplementäre Beschichtungstechnologie ergänzt werden, die der Optikbranche Neuland erschliessen wird. Im bisherigen Betrieb wurde klar, dass die Analytik, zum Beispiel das Messen der Laser-Zerstörschwelle, nicht nur Basis für eigene Forschungsarbeiten ist, sondern als Dienstleistung von den Unternehmen geschätzt wird. Beide Interessen werden beim weiteren Ausbau der Analytik berücksichtigt.

Ein weiteres Ziel wurde erreicht, indem RhySearch neu Förderungsprojekte direkt bei der Kommission für Technologie und Innovation (KTI) beantragen kann. Was heisst dies konkret?

Derzeit beteiligt sich RhySearch an mehreren Projekten, die durch die KTI unterstützt werden. Dadurch werden die laufenden Projekte mit 1,7 Millionen Franken gefördert. Bisher konnte RhySearch nicht direkt von Fördergeldern profitieren, sondern war auf die Zusammenarbeit mit Forschungspartnern angewiesen. Mit den geplanten Investitionen haben wir die Anerkennung der KTI – diese heisst ab 2018 Innosuisse – erhalten und können neu selbst Fördergelder beantragen. Dies ist ein wichtiger Schritt zur Weiterentwicklung von RhySearch. Es konnte ein nächstes KTI-Projekt im Bereich Optische Beschichtung gewonnen werden. Zudem ist kürzlich ein erstes grosses Forschungsprojekt mit KTI-Förderung im Bereich Präzisionsfertigung gestartet – mit RhySearch in der Rolle des federführenden Forschungspartners.

Worum geht es dabei?

Das Projekt verfolgt ein sehr ambitioniertes Ziel. Die Hoch- und Ultrapräzisionsbearbeitung ist heute vergleichsweise teuer und zeitaufwendig. Vereinfacht gesagt haben sich die Projektpartner zum Ziel gesetzt, die Herstellung von Ultrapräzisionsteilen billiger und schneller zu machen. In diesem Projekt beteiligen sich neun Unternehmen vom KMU bis zum Grosskonzern. Zudem sind auf der Forschungsseite neben RhySearch auch die Inspire AG und zwei Institute der Hochschule für Technik Buchs (NTB) beteiligt. Das Projekt hat eine Laufzeit von zwei Jahren, die KTI hat eine Million Franken an Fördergelder bewilligt und die beteiligten Industrieunternehmen bringen eine weitere Million in Form von Cash-Beiträgen und Eigenleistungen ein. Wir sind sehr stolz auf dieses Projekt und freuen uns durch innovative Forschung zusammen mit unseren Partnern hier einen Schritt vorwärts zu machen.

Wie geht es nun weiter?

Die Referendumsfrist für die beiden Beschlüsse ist nach den Sommerferien ungenutzt verstrichen. Seither arbeiten wir mit Hochdruck daran, die geplanten Investitionen in neue Anlagen und Laborgeräte umzusetzen. Beispielsweise ist der Umbau für unser neues temperaturkontrolliertes Ultrapräzisionsbearbeitungslabor fast schon abgeschlossen. Vor allem aber sind wir nun gefordert, die KMUs und die Industrie noch stärker in unsere Projekttätigkeiten einzubinden, denn dies schafft nachhaltigen wirtschaftlichen Nutzen. Wir sind davon überzeugt, dass der weitere Aufbau von RhySearch dazu beitragen wird, dass das Alpenrheintal mit seiner hohen Dichte an tollen Hightech-Firmen seinem Ruf als Chancental auch in Zukunft gerecht wird.

 

Zur Person:

Richard Quaderer ist seit Dezember 2013 Geschäftsführer des Forschungs- und Innovationszentrums Rheintal (RhySearch). Quaderer studierte Chemie an der ETH Zürich, verfasste dort seine Doktorarbeit und schloss einen PostDoc-Aufenthalt an der Brown University in Providence (USA) an. Von 2007 bis 2013 arbeitete er in unterschiedlichen Positionen in der biotechnologischen Forschung der Lonza AG in Visp im Kanton Wallis und absolvierte berufsbegleitend einen Executive MBA mit dem Schwerpunkt Technologiemanagement an der ETH Lausanne und der Université de Lausanne.