Was genau will die Regierung gestalten?

Wie schon in den drei Jahren zuvor, schloss im Rechnungsjahr 2017 die Erfolgsrechnung mit einem Gewinn von 170 Mio. Franken ab. Budgetiert hat das Finanzministerium für das 2017 ein Minus von 7 Mio. So konnte, wie in den Jahren zuvor, wiederum ein Mittelzufluss konstatiert werden, im 2017 insgesamt 190 Mio. Franken (Vorjahr: 115 Mio. Franken). Ebenfalls im dritten Jahr nacheinander fällt der betriebliche Erfolg positiv aus. Laut Regierungschef kann nun eine Phase des Gestaltens folgen. 

Text: Johannes Kaiser, Landtagsabgeordneter 

Das kann ich nur unterstützen, in dem Sinne nämlich, dass endlich auch die Einwohnerinnen und Einwohner – vor allem die unteren Einkommensklassen – gezielt etwas zurückerhalten. Die Sanierung des Staatshaushaltes und somit die Sparpakete setzten vor allem dem Mittelstand, also Familien mit eher tieferen Einkommen, sowie den Senioren mit bescheidenen Renten-Einkünften besonders zu. Ob der Wille bei der Regierung vorhanden ist, diese Menschen, die es notwendig haben, zu entlasten, muss sich nun erst zeigen. 

Mittelschicht und Senioren haben Probleme mit Bezahlbarkeit der Gesundheitskosten
So konnte der Gesundheitsminister auf meine Kleine Anfrage im Mai-Landtag betreffend die Bezahlbarkeit der Gesundheitskosten aufgrund stark gestiegener Prämien und Kostenbeteiligungen für Mittelschicht und Senioren keine Probleme orten. Auf meine Frage nach finanziellen Problemen durch höheren Selbstbehalt und Franchise und daraus folgendem Verzicht auf notwendige (Arzt-)Behandlungen findet der Gesundheitsminister nur die Antwort, diese Behauptung sei nicht nachvollziehbar. Ist es Zufall, dass der Leistungsaufschub (Leistungen werden bei unbezahlten Prämien und Kostenbeteiligungen nur noch im Notfall bezahlt) durch die Kassen stark verschärft wurde? Auch bei Senioren mit bescheidenen Renten sieht der Gesundheitsminister keine
Probleme und auch keinen Handlungsbedarf, damit diese mit den gestiegenen Krankenkassenkosten zurechtkommen.

Regierung verschliesst die Augen vor Problemen der Familien und Senioren
So verwundert es auch nicht, wenn der Gesundheitsminister bei der Frage nach Massnahmen gegen die sich weiter öffnende Schere hin zur Zwei-
Klassen-Medizin feststellt: «Es gibt keine Zwei-Klassen-Medizin.» Regierungsrat Pedrazzini führt dazu aus, dass allen mit der Grundversicherung auch ohne Zusatzversicherungen eine ausreichende Versorgung offenstehe. Zusatzversicherungen für Spital stationär böten ohnehin nur bessere Hotellerieleistungen und die freie Auswahl des Arztes. Dass dem Zusatzversicherten laut Versicherungspolice auch die freie Spitalwahl welt- bzw. schweizweit versprochen wird, blendet er aus, ebenso, dass die freie Arztwahl und
Zusatzleistungen im ambulanten Bereich in Liechtenstein teuer erkauft werden müssen.

Punktuelle Ausweitung des Prämienverbilligungssystems
Wie ich schon öfters angemahnt habe, können mit der Ausweitung des Prämienverbilligungssystems bzw. der Anhebung der Einkommensgrenzen die unteren Einkommen ganz gezielt entlastet werden. Auf meine diesbezügliche Anfrage im Mai-Landtag stellte der Gesundheitsminister jedoch klar, dass er aus seiner Sicht keinen Handlungsbedarf sehe. Leider verkennt die Regierung diesbezüglich die finanzielle
Situation, in der sich Mittelstandsfamilien, Alleinerziehende und Senioren zum Teil befinden. 

Landtag ist näher am Volk
Dass die Volksvertreter näher an den Sorgen, Bedürfnissen und Problemen der Bevölkerung sind, bestätigt u. a. die Einreichung der «Interpellation zur Prämienverbilligung» der Vaterländischen Union Anfang Juni. Ich unterstütze daher diesen parlamentarischen Vorstoss der VU, der analysierende und entscheidende Fragen zur Situation enthält, in der sich Menschen in Liechtenstein – Mittelstandsfamilien, Senioren, Alleinerziehende im unteren Einkommenssegment – befinden, die Krankenkassenprämien bezahlen. Falls notwendig, werde ich später einen entsprechenden parlamentarischen Vorstoss vornehmen, um die Regierung zum Handeln – zum Gestalten zugunsten der Menschen in Liechtenstein, die es notwendig haben – aufzufordern.