Expertengutachten widerlegt Regierungsgutachten: Landtagsvorlage ist verfassungkonform!

Die Besondere Landtagskommission ist im Mai 2017 vom Landtag einhellig mit dem Auftrag eingesetzt worden, die Geschäftsordnung des Landtags (GOLT) einer Teilrevision zu unterziehen und die in der letzten Legislaturperiode festgestellten Mängel und Unstimmigkeiten zu überprüfen sowie zu überarbeiten. Die Mitglieder der Besonderen Landtagskommission (BLK) haben diese Aufgabe unter Konsultierung diverser Unterlagen  nach bestem Wissen und Gewissen sowie auf sehr verantwortungsvolle und respektvolle Weise ausgeführt. Ein Ziel war es, mit der Aktuellen Stunde eine Plattform zu schaffen, bei welcher der Landtag für sich ein eigenes oder autonomes Gefäss hat, um unter sich – somit ohne Teilnahme der Regierung – Themen frei zu diskutieren. Es handelt sich bei der Aktuellen Stunde um ein Gefäss des öffentlichen Landtags, sodass volle Transparenz gegenüber der Bevölkerung und auch der Regierung besteht. Die Besondere Landtagskommission sieht sich wegen der Kritik bzgl. Der angeblich nicht gegebenen Verfassungsmässigkeit durch die Regierung – namentlich des Regierungschefs –  veranlasst, dazu öffentlich Stellung zu beziehen.

Die Regierung verfügt mit dem Rechtsdienst der Regierung über einen eigenen Rechtsdienst, der neun ordentliche Mitarbeiter und zurzeit zwei Praktikanten beschäftigt. Im vorliegenden Fall hat die Regierung u.a. bezüglich Art. 49 (Aktuelle Stunde) dennoch einem schweizerischen Gutachter, der für die Regierung schon bei anderen Vorlagen gutachterliche Dienstleistungen erbrachte, den Auftrag betr. die Verfassungsmässigkeit der BLK-Vorlage erteilt. Der Auftrag der Regierung lautete konkret, dass in Form eines Gutachtens „die verfassungsrechtlich begründete Teilnahme der Regierung im Landtag darzulegen“ sei. Diese Darlegung wurde vom schweizerischen Gutachter erbracht und die Regierung erklärte daraufhin in ihrem Bericht und Antrag an den Landtag (Nr.4/2018), dass die Aktuelle Stunde ohne Teilnahme der Regierung, so wie diese die Besondere Landtagskommission vorsieht, „nicht vereinbar mit der Verfassung“ sei.

Der schweizerische Gutachter wie auch die Regierung vergessen dabei bzw. übergehen dabei (ein Zufall?) ein Gutachten eines hoch angesehenen liechtensteinischen Verfassungsrechtlers, welcher bereits im Jahre 2012 ein Gutachten zu dieser Frage erstellte. Im Bericht und Antrag der Regierung ist das Gutachten dieses liechtensteinischen Verfassungsexperte inexistent. Der von der Regierung beauftragte schweizerische Gutachter führt dieses Gutachten des FL-Verfassungsexperten im Verzeichnis seiner Materialien-Angaben zwar auf, nimmt aber überhaupt keinen inhaltlichen Bezug darauf. Weshalb der CH-Gutachter als auch die Regierung das ihnen anscheinend vorliegende Gutachten des Liechtensteiner Verfassungsexperten mit keiner Silbe in Bezug auf die Feststellungen zur Verfassungsmässigkeit erwähnen, erschliesst sich der Besonderen Landtagskommission nicht. Darüber kann nur spekuliert werden.

Betreffend den neu formulierten Artikel zur „Aktuellen Stunde“ , welcher von einer Teilnahme der Regierung absieht, kommt der liechtensteinische Verfassungsrechtler im 2012 eindeutig zum Schluss, (Zitat) „dass die Regierung dann ein Informationsrecht sowie ein Rederecht erhält, wenn der Landtag ein solches beschliesst…zudem ist der Landtag gemäss Art. 60 LV eigenständig befugt, sich eine Geschäftsordnung zu geben.“ Allfällige damit notwendige Gesetzesänderungen im Geschäftsverkehrsgesetz des Landtages mit der Regierung und der Staatsverwaltung (GVVKG) können vom Landtag dann ebenfalls noch mittels einer parlamentarischen Initiative in die Wege geleitet werden.

Die öffentliche Deklarierung des Regierungschefs, dass die Revision der Landtags-Vorlage  in puncto der Aktuellen Stunde – ohne Teilnahme der Regierung –  „verfassungswidrig“ sei, ist nicht richtig und entbehrt jeglicher Grundlage. Die Revisionsarbeiten der Besonderen Landtagskommission stehen somit in völliger Übereinstimmung mit der Verfassung und den gesetzlichen Vorgaben.


Die Besondere Landtagskommission
Johannes Kaiser (Vorsitz), Gunilla Marxer-Kranz (Landtagsvizepräsidentin), Jürgen Beck, Helen Konzett, Daniel Seger