Regierung beurteilt Initiative betr. Stärkung des Informationsrechts des Landtags als verfassungswidrig

 

Eine Mitteilung des Ministeriums für Präsidiales und Finanzen / Von Markus Biedermann, Generalsekretär

 

Vaduz- An ihrer Sitzung vom 16. Januar 2018 hat die Regierung den Bericht und Antrag über die Vorprüfung einer Gesetzesinitiative verabschiedet, mit der neue Kontrollrechte für die Abgeordneten des Landtages eingeführt werden sollen. Die Regierung kommt nach erfolgter Prüfung zu dem Ergebnis, dass die parlamentarische Initiative nicht verfassungskonform ist. Die Regierung spricht sich daher gegen die Initiative aus und beantragt beim Landtag nicht auf diese einzutreten.

Mit Schreiben des Landtagspräsidenten vom 4. Dezember 2017 wurde die parlamentarische Initiative der Abgeordneten Erich Hasler (DU), Johannes Kaiser (FBP), Thomas Rehak (DU) und Günter Vogt(VU) vom 1. Dezember 2017 betreffend die Stärkung des Informationsrechts des Landtags im Rahmen des gesetzlichen Kontrollrechts der Regierung zur Vorprüfung übermittelt. Dazu soll die schweizerische Regelung der Informationsrechte für die Mitglieder des Nationalrates und des Ständerates übernommen werden.

Gemäss Art. 9a des Geschäftsverkehrs- und Verwaltungskontrollgesetzes (GVVKG) i.V.m. Art. 40 f. der Geschäftsordnung für den Landtag (GOLT) hat die Regierung ein Initiativbegehren von Mitgliedern des Landtags einer Vorprüfung zu unterziehen, bevor dieses im Landtag behandelt werden kann. Die Regierung überprüft dabei, ob die Initiative mit der Verfassung und den bestehenden Staatsverträgen übereinstimmt und in formeller Hinsicht den legistischen Grundsätzen entspricht.

Die Regierung kommt nach erfolgter Prüfung zu dem Ergebnis, dass die Initiative, insbesondere wie sie von den Urhebern verstanden wird, gegen geltendes Verfassungsrecht verstösst, die bestehende gewaltenteilige Kompetenzverteilung zwischen Landtag und Regierung beeinträchtigt und sich in mehrfacher Hinsicht als nicht systemkonform erweist.

Gemäss Art. 63 Abs. 1 LV i.V.m. Art. 45 Abs. 2 LV obliegt die Kontrolle über die Staatsverwaltung dem Landtag in seiner Gesamtheit. Er übt dieses Recht insbesondere durch die Geschäftsprüfungskommission aus. Ein Kontrollrecht der einzelnen Abgeordneten, wie von den Initianten vorgeschlagen, lässt die Verfassung nicht zu und würde dem einzelnen Abgeordneten weitergehende Rechte als der Geschäftsprüfungskommission einräumen.

Ausserdem widerspricht die Initiative dem in Art. 63 Abs. 4 LV verankerten uneingeschränkten Anhörungsrecht der Regierung und dem sich daraus sowie aus dem Gewaltenteilungsprinzip ergebenden Grundsatz, wonach sich die Kontrolle des Landtags an die Regierung richtet.

Hätte ein einzelner Abgeordneter ein direktes Kontrollrecht gegenüber Amtsstellen, so würde dies die in Art. 78 LV verfassungsrechtlich vorgesehene Zuständigkeitsverteilung zwischen Landtag und Regierung verletzen.

Schliesslich ist die Initiative auch deshalb äusserst problematisch, weil die einzelnen Landtagsabgeordneten im Gegensatz zu den Schweizer Ratsmitgliedern nicht dem Amtsgeheimnis unterstehen.

Die mit der Initiative beabsichtigte Übernahme von Schweizer Recht ist daher in dieser Form nicht möglich.

Die Regierung beantragt auf die Initiative nicht einzutreten. Sie ist aber bereit dafür zu sorgen, dass hinsichtlich einfacher Informationsanfragen der Abgeordneten eine einheitliche Praxis in der Verwaltung gewährleistet wird.

Das sagen die Initianten
aus drei Parteien...

„Die Regierung vertritt in ihrer Vorprüfung die Meinung, dass die Initiative nicht systemkonform sei. Wir müssen die Ausführungen der Regierung zuerst studieren und analysieren, bevor wir das Ganze bewerten können. Auf die Schnelle fällt auf, dass ein Teil der Begründung vollauf ins Leere zielt, dass nämlich das Kontrollrecht der einzelnen Abgeordneten über die Geschäftsprüfungskommission gestellt würde, das heisst, dass dem einzelnen Abgeordneten weitergehende Rechte als der GPK eingeräumt würden. Dieses Argument ist ein Unsinn. Die GPK ist ja Teil des Landtages und hat viel tiefgreifendere Kompetenzen und Kontrollfunktionen, als es diese Initiative für den einzelnen Abgeordneten vorsieht.

Regierungschef zu voreilig
Der Regierungschef will – und das ist auch bezeichnend – eine Debatte über diese Gesetzesinitiative im Landtag gar nicht aufkommen lassen und plädiert schon heute – absolut voreilig – auf Nicht-Eintreten. Wir meinen: Jetzt studieren wir zuerst diesen Vorprüfungs-Bericht der Regierung, analysieren die Begründung und führen dann am 28. Februar 2018 im Landtag die Diskussion.“