Landtag: Braucht die Arbeitslosenkasse ein Eigenkapital von 55 Mio. Franken?

Regierungschef-Stellvertreter Dr. Daniel Risch hatte in der Landtags-Sitzung vom 4./5. Dezember 2019 u.a. auch eine Anfrage des Abg. Thomas Lageder zum Transitverkehr der LKWs beim Zollamt in Schaanwald-Tisis zu neantworten

 

Die Regierung sagt JA / Kleine Anfrage des DU Abgeordneten Jürgen Beck in der November-Landtagssitzung

Anfrage: Jürgen Beck, DU
Beantwortung: Regierungschef-Stellvertreter Dr. Daniel Risch

________________________________________________________________

Frage:

Vor einigen Jahren wurden die Beiträge der Arbeitslosenversicherung um satte 100% erhöht, das heisst von 0,5% auf 1% der Bruttolohnsumme. In der Folge hat sich das Eigenkapital der Kasse auf happige CHF 55 Mio. angefüllt. Darum verwundert es auch nicht, dass der Schaden aus dem Betrugsfall bei der Kasse locker gedeckt sei, so zumindest war es in den liechtensteinischen Zeitungen zu lesen. Meine Fragen hierzu:

  1. Wozu braucht die ALV ein Eigenkapital von CHF 55 Mio.?
  2. Wie werden diese Gelder bewirtschaftet?
  3. Müssen Negativzinsen gezahlt werden?
  4. Denkt die Regierung an eine Prämienreduktion, sollten die Reserven in dieser Höhe bleiben?
  5. Wenn ja, bis wann könnten wir mit einer solchen Prämienreduktion rechnen?

Antwort:

Einleitend zu den Antworten auf die gestellten Fragen, möchte das für die Beantwortung zuständige Ministerium für Infrastruktur, Wirtschaft und Sport kurz über die Entwicklung der Arbeitslosenversicherungskasse in den vergangenen Jahrzehnten berichten. In den 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts belief sich das Eigenkapital der Kasse phasenweise über 100 Mio. CHF. Damals betrugen die Beitragsätze für Arbeitgeber und Arbeitnehmer je 0,25% des Jahreslohnes bis zu einer maximalen Abgabengrenze von 126.000 CHF.

Seit dem Jahr 2000 hat die Arbeitslosenversicherung (ALV) meist negative Ergebnisse erzielt. Gründe dafür waren vor allem der im internationalen Vergleich sehr niedrige Beitragssatz, welcher auf eine viel niedrigere Arbeitslosigkeit ausgerichtet war, und die sehr hohen Aufwendungen für Kurzarbeit im Krisenjahr 2009. In diesem Jahr 2009 fiel das Eigenkapital der Kasse auf 14.8 Mio. CHF und ohne Sanierungsmassnahmen wäre die Kasse nicht in der Lage gewesen, den gesetzlichen Leistungen nachzukommen. Mit der daraus notwendig gewordenen Novellierung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (Inkrafttreten 1.1.2011) wurden einerseits die Beitragssätze verdoppelt und gleichzeitig die Leistungen der Kasse reduziert. In Folge dieser Massnahmen als auch aufgrund der sich belebenden Konjunktur nach den Krisenjahren vermochte sich das Eigenkapital der Kasse zu erholen, so dass es im Zuge der Sanierungspakete für den Staatshaushalt zusätzlich möglich geworden war, den Staatsbeitrag ab dem Jahr 2015 abzuschaffen. Dieser betrug jeweils zwischen drei bis maximal sieben Mio. CHF pro Jahr. Per 31.12.2016 lag das Eigenkapital der Kasse bei rund 55 Mio. CHF.

Zu Frage 1:

Die Kurzdarstellung der Entwicklung des Kassenvermögens zeigt auf, dass das heute ausgewiesene Eigenkapital im Vergleich mit anderen Jahren nicht unverhältnismässig hoch ist. Durch den Wegfall des Staatsbeitrags ab 2015 wurde das Eigenkapital der ALV allerdings abhängiger von den konjunkturellen Veränderungen. Es waren deshalb im Rahmen der Abschaffung des Staatsbeitrags Instrumente gesetzlich zu verankern, welche diesen konjunkturellen Schwankungen Rechnung tragen. Und schliesslich muss für den Fall von einschneidenden Veränderungen gewährleistet werden, dass der Gesetzgeber früh genug einbezogen wird und die nötige Zeit für Gesetzesanpassungen erhält. In diesem Lichte erscheint ein Eigenkapital von 55 Mio. CHF sowie ein höheres Eigenkapital angemessen, bedürfen doch die gesetzlichen Sicherungsmassnahmen in einem Krisenfall einer Vorlaufszeit von rund 2 Jahren. Diese Zeitspanne soll die Kasse aus eigener Kraft überbrücken können.

Zu Frage 2:

Die Geldanlagen der ALV werden durch den Anlageausschuss des Landes bewirtschaftet und in unterschiedlichen Währungen, festverzinslichen Anlagen, Aktien und Ergänzungsanlagen verwaltet.

Zu Frage 3:

Bis auf weiteres müssen auf die für die Auszahlung vorgesehenen Liquiditätskonten keine Negativzinsen bezahlt werden.

Zu Frage 4:

Mit der Übernahme der VO883 hat die Kasse seit 2013 auch Leistungen an arbeitslos gewordene Grenzgänger zu entrichten. Mit dem Wegfall des Staatsbeitrages und diesen zusätzlichen Kosten ist das Äufnungspotential der Kasse klein geworden und die Steigerung des Eigenkapitals nur aufgrund der momentan tiefen Arbeitslosigkeit in Liechtenstein und im benachbarten Ausland möglich. Auch wenn die Konjunkturaussichten für die kommenden 3 Jahre mehrheitlich von den Experten als gut eingestuft werden, ist es nicht denkunmöglich, dass sich die Weltwirtschaftskrise aus 2008/2009 wiederholt. Für ein solches Szenario muss die Kasse mit einem entsprechenden Eigenkapital gerüstet sein. Demzufolge lehnt die Regierung eine Prämienreduktion zum jetzigen Zeitpunkt ab.

Zu Frage 5:

Die Beantwortung dieser Frage ergibt sich aus der Beantwortung von Frage 4.