Bodensee/Fischerei: Fänge trotz leichtem Anstieg 2016 auf historisch niedrigem Niveau

Foto: Die Teilnehmer an der IBKF-Tagung in Liechtenstein.

Internationale Bevollmächtigten-Konferenz für die Bodenseefischerei (IBKF)

 

Vaduz – Der Fang der Berufsfischer am Bodensee-Obersee lag im Jahr 2016 mit rund 326 Tonnen knapp 25 Prozent höher als im Vorjahr. Doch auch dies ist das zweitniedrigste Ergebnis seit 1936. Ertragssteigerungen gegenüber dem Vorjahr waren bei Felchen und Barschen zu verzeichnen – allerdings auf sehr niedrigem Niveau.

Bei Weißfischen (inkl. Brachsen), Hechten, Aalen und Welsen waren die Erträge im Vergleich zum langjährigen Mittel dagegen überdurchschnittlich. Die Fänge von Seesaiblingen, Seeforellen und Zandern sind gegenüber dem Vorjahr weiter zurückgegangen. Die annähernd 13.000 Angelfischer erzielten mit rund 45 Tonnen ebenfalls ein unterdurchschnittliches Fangergebnis.

Die diesjährige Internationale Bevollmächtigten-Konferenz für die Bodenseefischerei fand unter dem Vorsitz Österreichs am 21. Juni 2017 in Vaduz statt. Schwerpunktthemen der Konferenz waren die weiterhin nicht zufriedenstellenden Fangerträge aufgrund des niedrigen Nährstoffgehaltes im See, die Umsetzung der Patentreduktion, die Zusammenarbeit mit der Internationalen Gewässerschutzkommission für den Bodensee (IGKB), sowie die weiter ansteigenden Kormoranzahlen am gesamten Bodensee. In einer umfassenden Studie wurde das Thema Kormoran am Bodensee aufgearbeitet. Für die Seeforelle im Bodenseeeinzugsgebiet wurde ein Bewirtschaftungskonzept präsentiert. Netzgehege im Bodensee erachtet die IBKF unter bestimmten Rahmenbedingungen aus fischereibiologischer Sicht grundsätzlich als möglich.

2016 – eine leichte Besserung ist eingetreten

Der Gesamtertrag der Berufsfischer am Bodensee-Obersee erreichte im Jahr 2016 rund 326 Tonnen (6,9 kg/ha). Dies ist das zweitniedrigste Ergebnis seit 1936. Der Felchenertrag liegt mit 205,4 Tonnen unter der Hälfte des Zehnjahresmittels (434 Tonnen). Der Anteil der Felchen am Gesamtfang beträgt 63 Prozent. Der Barschertrag ist auf niedrigem Niveau von 23,4 Tonnen im Vorjahr auf 28,1 Tonnen angestiegen. Beim Seesaibling hat sich der Ertrag nach dem schon im Vorjahr verzeichneten starken Einbruch nochmals auf 1,3 Tonnen halbiert.

Gegenüber dem Vorjahr zunehmende Fänge waren bei Weißfischen und Brachsen (+7,5 %), beim Karpfen (+32,1 %), vor allem aber bei Aalen (+39,2 %) und Welsen (+68,1 %) zu verbuchen. Beim Hecht hat sich der seit 2007 zu beobachtende Aufwärtstrend abgeflacht: mit 14,3 Tonnen liegt der Ertrag 2,4 Prozent über dem Vorjahreswert; dies ist der höchste Wert seit 1960.

Die rund 13.000 Angelfischer erreichten im Berichtsjahr mit rund 45 Tonnen ein etwas niedrigeres Fangergebnis als im Vorjahr. Im langjährigen Vergleich bedeutet auch dieser Ertrag ein unterdurchschnittliches Ergebnis. Der Fang der Freizeitfischer setzt sich vorwiegend aus Hechten (34 %), Barschen (22,6 %) und Weißfischen (13,4 %) zusammen, danach folgen Felchen (8,7 %) und Zander (4,5 %).

Patentreduktion rund um den See wird konsequent fortgesetzt

Die im Jahr 2015 beschlossene Reduktion von Berufsfischerpatenten zugunsten der verbleibenden Betriebe schreitet voran. Ausgehend von 113 Hochseepatenten im Jahr 2014 waren im Jahr 2016 noch 101 Berufsfischer aktiv. Einige Berufsfischer haben sich bereits aus wirtschaftlichen Gründen anderweitig orientiert, andere haben aus Altersgründen ihr Patent zurückgelegt. Bis 2020 soll die Zielzahl von 80 erreicht sein. Die Schweiz und Österreich werden die vereinbarten Zielzahlen bereits vorzeitig im kommenden Jahr erreichen, sodass die dort verbleibenden Fischer ab diesem Zeitpunkt über ein höheres Netzkontingent verfügen werden.

Bewirtschaftungskonzept Seeforelle

Die IBKF hat aufbauend auf den Erkenntnissen der in den letzten Jahren durchgeführten Studien zur Verbreitung, Bestandsentwicklung und Genetik der Bodensee-Seeforelle Leitlinien für die künftige fischereiliche Bewirtschaftung und Fördermaßnahmen dieser gefährdeten Fischart festgelegt. Nach wie vor bestehen erhebliche Lebensraumdefizite in den Bodenseezuflüssen, insbesondere bei deren Durchgängigkeit. Diese Grundlagen wurden in einer Informationsbroschüre zusammengefasst. Das vorliegende Bewirtschaftungskonzept richtet sich an die Fischereiverwaltungen der Länder, Betreiber von Fischbrutanlagen, Fischereibewirtschafter und Gewässerpächter, sowie Berufsfischer und Angelfischer gleichermaßen. Es enthält auch Empfehlungen an die Wasserwirtschaftsverwaltungen der Anrainerstaaten und die Betreiber von Wasserkraftanlagen zur Verbesserung der Durchgängigkeit.

Kormoranstudie Bodensee

Der Anstieg des Kormoranbestandes im Bodenseeraum hält ungebrochen an. 2015/16 wurden sowohl beim mittleren Bestand an Kormoranen als auch bei der Anzahl an Brutpaaren die höchsten jemals am Bodensee beobachteten Werte erreicht. Die Fischmengen, die von den Kormoranen gefressen werden, betragen inzwischen schon mehr als die Hälfte der Fänge der Berufsfischer.

Vor diesem Hintergrund hat die IBKF eine Studie erstellen lassen, die die Entwicklung und die aktuelle Situation des Kormoranbestandes im Bodenseeraum sowie dessen Auswirkungen auf den Fischbestand und die Erträge anhand von vorliegenden Daten, Ergebnisberichten und Publikationen zusammenfasst und wertungsfrei darstellt. Darauf aufbauend soll ein internationales Kormoran-Management im Bodenseeraum entwickelt werden.

Aquakultur in Netzgehegen

Die Projektidee zur Produktion von Felchen in Netzgehegen ist kein Vorhaben der IBKF. Es ist jedoch ein legitimes Anliegen, den Bedarf an Fischen aus regionaler Produktion abzudecken, zumal aus dem See aufgrund der Nährstoffsituation langfristig keine wesentlich höheren Fangerträge zu erwarten sind. Da die Berufsfischer bereits heute zum Teil auf Zukäufe angewiesen sind, könnte eine wirtschaftliche Produktion vor Ort durchaus ein weiteres Standbein für die Betriebe darstellen. Die IBKF hat sich daher grundsätzlich mit der Idee befasst und nimmt keine ablehnende Haltung dazu ein. Aus fischereibiologischer Sicht erscheinen Netzgehege im Bodensee unter ganz bestimmten Rahmenbedingungen und Auflagen möglich. Dazu zählen neben Standortwahl und mengenmäßiger Beschränkung auch populationsgenetische sowie seuchenhygienische Vorgaben.

Weitere aktuelle Informationen über die Bodenseefischerei sind auf der IBKF-Homepage (www.IBKF.org) zu finden. (Helmut Kindle)